Die 28 Doppeltangenten

Wir betrachten Kurven vierter Ordnung in der Ebene, also die Punkte (x,y) in der Ebene, die eine Gleichung wie zum Beispiel

x4 + y4 + x2y2 = 1

erfüllen (die Summe der Exponenten der einzelnen Summanden soll höchstens 4 sein).
Wir setzen voraus, dass diese Kurve keine Gerade enthält (das wäre zum Beispiel bei der Gleichung x2y2 = 0 der Fall).

Jede Gerade schneidet eine derartige Kurve in höchstens vier Punkten.
Eine spezielle Situation interessiert uns: berührt die Gerade die Kurve in genau zwei Punkten, so nennt man eine derartige Gerade eine Doppeltangente.

Man kann nun zeigen: Bei den meisten Kurven vierter Ordnung gibt es genau 28 Doppeltangenten!
Hier ein Beispiel dieser Geraden-Konfiguration (die Kurve selbst ist rot gezeichnet):

Woher kommt die Zahl 28? Die Kurve besteht hier aus vier nierenförmigen Komponenten,

Warum interessieren sich Mathematiker für diese Doppeltangenten?

Einer der Gründe ist der folgende: Ein typisches mathematisches Problem beim Studium von Kurven besteht darin, Normalformen zu finden: man versucht, ein geeignetes Koordinatensystem zu finden, um eine möglichst einfache algebraische Beschreibung zur Verfügung zu haben. Dieses Normalformenproblem wurde f"ur Kurven vierter Ordnung im letzten Jahrhundert dadurch gelöst, dass man nicht die Kurve selbst, sondern die Konfiguration der zugehörigen 28 Doppeltangenten untersuchte.
(So führte die Zuordnung einer diskreten Struktur (bestehend aus nur 28 Elementen) zur Lösung eines relativ schwierigen nicht-diskreten Problems.)

Der Zusammenhang mit den 27 Geraden einer kubischen Fläche F

Siehe Geiser!

Der Zusammenhang mit dem Wurzelsystem E7

Siehe Freudenthal.

Literatur


Last modified: Thu Feb 14 07:40:54 CET 2008